Rückblick: Sächsische Freiwilligendienste im Gespräch mit Politik

In Sachsen wird am 1.9. 2024 ein neues Landesparlament gewählt. Aus diesem Anlass hatte die LAG Freiwilligendienste in Sachsen im Juni 2024 Wahlprüfsteine an die aussichtsreich kandidierenden Parteien versandt, um das Thema Freiwilligendienste und deren Zukunft in Sachsen den Kandidierenden ins Gedächtnis zu rufen.

Einblicke in die aktuelle Situation von Freiwilligendiensten in Sachsen

Am 13.8.2024 lud die Landesarbeitsgemeinschaft Freiwilligendienste in Sachsen zu einem Gespräch mit Politik in den Abenteuerspielplatz Panama Dresden ein. Politiker*innen von CDU Sachsen, SPD Sachsen, Bündnis90 Die Grünen Sachsen, FDP Sachsen und Die Linke Sachsen waren gekommen, um mit den sächsischen FSJ- und FÖJ-Landessprecher*innen und Trägervertreter*innen der LAG Freiwilligendienste, sowie der Engagementstiftung Sachsen über die Zukunft der Freiwilligendienste in Sachsen zu sprechen.

Der LAG-Vorstand gab den Anwesenden zunächst einen Einblick in die aktuelle Situation der sächsischen Freiwilligendienste (Förderung, Mobilität, Anerkennung, Bildung, Integration/Teilhabe durch Freiwilligendienste). Die FSJ/FÖJ-Landessprecher*innen erklärten dann gesammelte Anliegen von Freiwilligen (aus der aktuellen sächsischen Freiwilligenumfrage).

Schwerpunkte des Austausches mit Politik

Danach kamen die Teilnehmenden an vier Austauschtischen zu den Schwerpunkten der LAG-Wahlprüfsteine ins Gespräch. Die Ergebnisse haben wir hier kurz zusammengefasst:

Kontinuierliche, dynamisierende Förderung der Freiwilligendienste in Sachsen

Alle Gesprächsteilnehmenden waren sich darüber einig, dass Freiwilligendienste eine wichtige Rolle für die Zivilgesellschaft und die Erhaltung von Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt spielen. Deshalb sei eine weitere kontinuierliche Förderung extrem wichtig. Die anwesenden LAG Mitglieder machten deutlich, dass die aktuelle Träger- und Einsatzstellenvielfalt in Stadt und Land sowie die hohe Qualität der sächsischen Freiwilligendienste (aufgrund von Inflation und Rückgang der Bundesmittel) nur mit einer steigenden sächsischen Förderung zu halten sei. Finanzielle Planungssicherheit wäre notwendig, um die inhaltliche Vielfalt und Attraktivität der sächsischen Freiwilligendienste in den nächsten Jahren zu erhalten bzw. zu steigern.

Die anwesenden Politiker*innen waren sich einige, dass zumindest der Status Quo in der Förderung von Freiwilligendiensten in Sachsen gehalten werden müsse. Das Land Sachsen könne nicht als Ausfallbürge für die Kürzungen der Bundesmittel in 2025 einspringen. Hierfür hätte der Freistaat Sachsen keine finanziellen Ressourcen. Landespolitiker*innen könnten sich allerdings durch Parteikontakte im Bund dafür stark machen, dass Kürzungen der Bundesmittel abgemildert würden.

Für mehr Planungssicherheit schlugen einige Politiker*innen vor, die Freiwilligendienste in den sächsischen „Pakt für die Jugend“ aufzunehmen, der eine planbare Förderung für 3 Jahre garantieren könnte. Die Progressiven Politiker*innen in der Runde sprachen sich für eine Prüfung der Umwidmung von Landesmitteln aus Fördertöpfen anderer Ressorts aus – man könne hiermit ein Zeichen für die Wichtigkeit der Freiwilligendienste setzen.

Die FSJ/FÖJ-Landessprecher*innen erläuterten die Notwendigkeit eines existenzsichernden Taschengeldes für Freiwillige. Daraufhin wurde in der Runde kontrovers über eine Ausgestaltung diskutiert (elternabhängiges Freiwilligen-BAföG vs. festes Freiwilligengeld). Abschließend bestand Einigkeit, dass ein angemessenes Taschengeld wichtig für Wertschätzung und Attraktivität von Freiwilligendiensten sei, aber dieses Thema abhängig von Bundespolitik sei.

Anerkennung des Freiwilligendienstes beim Zugang zu Bildungswegen

Ein Freiwilligendienst schafft Bildungserlebnisse. Alle Teilnehmenden sprachen sich für die Aufrechterhaltung der derzeitigen Qualität der Bildungsarbeit aus. Hierfür brauche es aufgrund steigender Kosten gute finanzielle Förderung.

Die anwesenden Politiker*innen stimmten grundlegend zu, dass eine Anerkennung der Bildungserfahrungen und des Kompetenzerwerbs aus dem Freiwilligendienste für den zukünftigen Bildungsweg wichtig sei. Ein Freiwilligendienst sollte weiterhin den Zugang zu einigen Studiengängen erleichtern (wie bisher). Er sollte aber auch beim Zugang zu verschiedenen (sozialen, pädagogischen, pflegerischen) Ausbildungsgängen für Haupt- und Realschüler*innen anrechnungsfähig sein. Im Gespräch ging es um konkrete Ausbildungsrichtungen und die Fachhochschulreife – es wurden mit den Politiker*innen verschiedene Ideen diskutiert.

Mobilität für Freiwillige

Bei allen teilnehmenden Politiker*innen herrschte Einigkeit darüber, dass es für Freiwilligendienstleistende in Sachsen bezahlbare Mobilität geben muss. In der Runde wurden verschiedenen Lösungsansätze diskutiert: u.a. das ermäßigte Deutschlandticket für Freiwillige oder ein (für die 5.000 Freiwilligen) sachsenweit gültiges Bildungsticket. Letztere Variante schien den politischen Vertreter*innen der am ehesten realisierbare Weg und wurde auch von den anwesenden Freiwilligen begrüßt. Ein verbilligtes Deutschlandticket wurde hingegen, aufgrund der ungewissen Entwicklungsperspektiven dieses Angebotes nicht favorisiert.

Die Finanzierbarkeit eines sachsenweiten Bildungstickets müsste von der neu gewählten sächsischen Landesregierung geprüft werden. Alle Politiker*innen hatten aber verschiedene Ideen, wie eine Finanzierbarkeit möglich sein könnte.

Zudem wurde darauf verwiesen, dass die Mobilitätsherausforderungen, insbesondere für Freiwillige im ländlichen Raum, auch für andere ehrenamtliche Akteur*innen dieser Räume zutreffend sind. In diesem Zusammenhang wurde angeregt, seitens der LAG Freiwilligendienste einmal in der Trägerlandschaft zu erheben, wie viele Einsatzstellen sich in sogenannten „ländlichen Räumen“ befinden und wieviel eher in „Ballungsräumen“ verortet sind. Eine spannende Frage, welcher der Vorstand der LAG auf alle Fälle einmal nachgehen wird.

Integration in und Teilhabe an Arbeit und Gesellschaft

Für junge 15- und 16-jährige Menschen (mit Hauptschulabschluss oder ohne Bildungsabschluss) sowie für Jugendliche und Erwachsene mit Migrations- oder Fluchthintergrund wurde ein sächsischer Freiwilligendienst in den letzten Jahren vielfach zur tragfähigen Brücke auf dem Weg in Ausbildung oder Beruf. Der Freiwilligendienst bietet Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund niedrigschwellige Zugänge zum sächsischen Alltagsleben und zum Austausch mit der Zivilgesellschaft in heterogenen Gruppen (in FSJ, FÖJ und FDAG).

Die Gesprächsteilnehmenden würdigten die persönlichen Geschichten von Freiwilligen mit Fluchthintergrund. Alle waren sich einig, es sei gut, dass es ein ausdifferenziertes Angebot von Freiwilligenplätzen gibt, sodass jede*r einen passenden Platz für sich finden kann. Ein erhöhter Betreuungsaufwand für Menschen mit besonderen Bedürfnissen brauche allerdings Zeit und Geld bei den Trägern. Aktuell wird die Förderung nicht mal um eine Inflationsrate erhöht. Im Gespräch mit den Politiker*innen kam die Idee auf, Freiwilligendienste eventuell in den Pakt für die Jugend aufzunehmen und somit mittelfristige Planungssicherheit in der Finanzierung zu erreichen.

 

Geplantes Vorgehen nach der Landtagswahl

Es war ein wertvoller Austausch. Wir danken allen Politiker*innen, dass Sie sich die Zeit genommen haben und danken auch für die Empfehlungen für ein weiteres Vorgehen. Nach der Landtagswahl (während der Koalitionsverhandlungen) wird der LAG-Vorstand wie vereinbart auf die betreffenden Politiker*innen zugehen und die konkreten Maßnahmen und Ideen, die besprochen wurden in Erinnerung rufen.

Wir hoffen sehr, dass das neu gewählte sächsische Landesparlament die Förderung und Wertschätzung für Freiwilligendienste dann im Blick haben wird.

 

Rückfragen zur Veranstaltung richten Sie bitte an:

Thomas Rackwitz
Vorstandsvorsitzender Landesarbeitsgemeinschaft Freiwilligendienste Sachsen
netzwerk-m e.V.
rackwitz@netzwerk-m.de

Tilo Moritz
Vorstand Landesarbeitsgemeinschaft Freiwilligendienste Sachsen
Valtenbergwichtel e.V.
tilo.moritz@valtenbergwichtel.de