Ein Jahr FSJ bei der AWO in Sachsen. , Aktuelles für FreiwilligeAktuelles für Interessenten

Interview mit Franziska über ihre Einsatz in einem Wohnheim der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung in Leipzig

Wieso hast du einen Freiwilligendienst gemacht?
Nach meinen Examen (Lehramt) hatte ich bis zum Einstellungstermin für das Referendariat noch mindestens ein halbes Jahr Zeit. Dieses wollte ich sinnvoll nutzen, mich engagieren und im sozialen Bereich noch neue Erfahrungen sammeln, die ich eventuell für meinen späteren Lehramtsberuf anwenden kann. Dabei war mir wichtig, etwas mit Menschen zu machen, helfen und unterstützen zu können und meinen Umgang mit Menschen auszubauen und zu schulen. Ich wollte in soziale Interaktionen treten und das Gefühl haben, anderen dabei gut zu tun und zu entlasten.

Wie bist du darauf gekommen?
Für mich war klar, dass ich nicht an der Kasse eines Supermarktes arbeiten wollte. Ich wollte aktiver werden und selbstständig arbeiten. Das FSJ bietet dafür eine gute Grundlage, da man mit anderen Menschen in Kontakt treten muss, lernt zu helfen und andere Sichtweisen und Lebensführungen zu akzeptieren und darin dem jeweiligen Menschen zu begleiten. Distanz und Nähe im richtigen Verhältnis zu wahren, einzusetzen bzw. zuzulassen. Da ich bereits in anderen Einrichtungen mit Menschen mit Behinderung gearbeitet habe, hatte ich keine Scheu und Hemmungen mich für den Einsatz in sozialen Einrichtungen zu bewerben.

Was hat Dir persönlich der Freiwilligendienst gebracht?
Ich habe mich dahingehend weiterentwickelt, dass ich Verständnis für andere Herangehensweisen im Umgang mit Menschen gesehen, erfahren und erlebt habe. Meine Sichtweise auf die Welt und die Menschen, die darin leben und tagtäglich agieren ist verfeinert und sensibilisiert worden. Man läuft nicht mehr "blind" durch die Welt und sieht viele Barrieren und Hindernisse im Alltag, die Menschen mit Behinderung oder Menschen, die "anderes, speziell" sind, auferlegt werden. Gleichzeitig weiß ich auch, was ich von der Gesellschaft erwarte und fordere und wo eventuell noch Aufholbedarf, gerade mit dem Ziel der Inklusion, besteht. Durch meine Arbeit als FSJIer habe ich auch meine Lebensansprüche und das was ich anderen Menschen zuspreche überdacht, aber auch bestimmte Mindestanforderungen an die Gesellschaft, den Einrichtungen und den einzelnen Menschen erweitert. Ich weiß dadurch umso mehr, was ich für mich und andere Menschen will!

Wieso gerade bei der AWO in Sachsen?
Da ich in Leipzig wohne, wollte ich eine Einrichtung unterstützen, die sich in Leipzig befindet, um meinen Arbeitsweg gering zu halten. Aber auch, um meine Stadt zu unterstützen und besser kennenzulernen.

Würdest Du anderen Menschen zu einem Freiwilligendienst raten?
JA! Wenn man sozial engagiert ist und Lust an anderen Menschen und sozialen Kontakten hat, dabei nicht schüchtern, ängstlich und ungeduldig ist, ist dies eine gute und lohnenswerte Erfahrung. Selbst wenn man nach diesem Jahr und der darin vollzogenen Arbeit merkt, dass dies nicht der richtige Weg für einen ist, hat man sich selber weiterentwickelt, Grenzen kennengelernt, und auch mal einen Einblick in Einrichtungen bekommen, die sonst immer nur sehr abseits des Alltags und der Gesellschaft existieren und abgeschottet parallel zu "normalen" Institutionen wie Schule, Arbeit, Universität etc. bestehen.
Je mehr sich für ein FSJ interessieren und bereits sind, dies zu wagen, umso mehr kann die geforderte Inklusion zwischen den verschiedenen Menschen- und Altersgruppen auch vollzogen werden. Vorurteile und Ängste werden abgebaut.

ln welchem sozialen Bereich warst du eingesetzt?
Ich habe als Betreuerin im Bereich "Wohnen" in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung gearbeitet. Dabei handelte es sich um geistig behinderte Menschen, die bestimmte Prozesse des Alltags nicht ohne fremde Hilfe bewerkstelligen können. Der Grad der Behinderung reichte von schwer bis leicht, was auch einen differenzierten Umgang mit den einzelnen Bewohnern voraussetzt und auch der Umfang der Belastbarkeit der einzelnen Menschen, was Förderung und Selbstständigkeit betrifft, individuell betrachtet werden muss.

Wieso gerade in dieser Einrichtung oder in dieser Art Einrichtung?
Ich habe schon vor meinem Studium ein Praktikum in einem Wohnheim und einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung absolviert und daher keine Scheu gehabt mich wieder dieser Tätigkeit anzunehmen. Ursprünglich wollte ich mit Kindern oder Jugendlichen arbeiten, da ich dies für meinen späteren Beruf als Lehrer als sinnvoller erachtet habe. Da es dafür aber keine Stellen in Leipzig gab und ich auch nicht mit älteren Menschen im Seniorenheim arbeiten wollte, da ich dies aus persönlichem Unwohlsein nicht machen wollte, blieb die Arbeit im Wohnheim für Menschen mit Behinderung übrig, was sich im Nachhinein als sehr schön und erfahrungsreich herausgestellt hat